Endlich. Endlich konnte Boris Herrmann seine J2 reparieren, endlich seine Hydrofoils wieder instand setzten, endlich einfach mal wieder über Deck gehen und sich ‚die Beine vertreten‘. Seit dem St Helena Hoch, einige Tage und Seemeilen vor dem Kap der guten Hoffnung, hatte sich Boris Herrmann durch Wind, durch noch mehr Wind und durch Wellen gekämpft. Dabei war er beständig unter den Top Ten geblieben. Das zweite Kap der Weltumrundung Kap Leeuwin umrundete er als 8. (11d 22h 27min nach dem Kap der guten Hoffnung.), mal fiel er zurück als er sein Großsegel nach einer Patenthalse mühsam reparieren musste, mal kämpft er sich auf Platz 5.

Dazwischen zählte vor allem die Einsamkeit:

Nach 38 Tagen auf See ist der Führende Charlie Dalin auf seiner ‚Apivia‘ eingeholt worden: Yannick Bestaven (Maître Coq) und Thomas Ruyant auf der LinkedOut schoben sich an Daloin vorbei, als dieser Vorm Wind

Boris Herrmann segelt nach wie vor inmitten der Verfolger-Gruppe, derzeit auf Platz sieben, ein Verfolgerfeld, das wahrlich eng aufeinander liegt.

So kam es, dass Herrmann während an Bord seine Hydrofoils reparierte, aufpassen musste, nicht mit seinen Kollegen zusammenzustoßen: Mitten im indischen Ozean nach 37 Tagen auf See sammelten sich in unmittelbarer Sichtweite 5 (sic!) Imoca 60 – unglaublich.:

Einen lesenswerten Report von diesem Tag gibt er auf seiner Webseite:

https://www.borisherrmannracing.com/vendee-globe-2020-blog/day-37-summary-of-an-amazing-day/?fbclid=IwAR18M0m_jog3vYSYvEua8dBw1j2mEVR-EqTfSUwj_ArSCy8Pq4B0oQ2kCdI

Ganz beachtlich ist derzeit die Aufholjagd von Armel Le Tripon, der mit seiner "L'Occitane" dem Feld nach einem Schaden kurz nach dem Start hinterhersegelte.

Die Yacht schreibt: „Wie ein Messer durch heiße Butter pflügt sein radikaler Open 60 mit Scow-Bug seit Tagen durchs Feld, lässt die Konkurrenten wahrlich alt aussehen. Heute sagt er, dass, wenn es so weiter ginge, er die zweite Verfolger-Gruppe hinter Isabelle Joschke in fünf oder sechs Tagen einzuholen hofft. Ein eindrucksvoller Beweis dafür, dass das neue und radikale Sam-Manuard-Design richtig schnell ist. "Bis Les Sables ist es noch weit. Schauen wir mal, was noch drin ist!", sagte er heute bei der Live-Schalte der Vendée.“ -

Das war am 10. Dezember, mittlerweile schreiben wir den 16. Dezember und Le Tripon hat sich tatsächlich bis auf Platz 14 vorgearbeitet, nur noch knapp 500 Seemeilen hinter eben dieser zweiten Verfolgertruppe.

Entlang der Eisgrenze geht es nun weiter nach Kap Horn, knapp 50 Prozent der Strecke haben die ersten hinter sich. Mittlerweile ist auch klar, dass Boris Herrmann für seine Einsatz bei der Suche nach dem verunglückten Escoffier 6 Stunden gutgeschrieben bekommt – diese Stunden werden ihm nach Zieleinlauf abgezogen.

Aber nach wie vor gilt: Die Rennen werden im Ziel gewonnen. Es kann so schnell was passieren, wie ganz aktuell zu Redaktionsschluss das Beispiel der LinkedOut zeigt: Wassereinbruch im Bugbereich – die Schotten sind zu und das Boot sicher, aber ein akutes Problem bleibt es dennoch.

Wie immer: Es bleibt spannend und wir bleiben dran!