Jeden Donnerstag macht sich eine kleine Truppe Schüler aus der 11. und 12. Klasse des Campus Uhlenhorst zusammen mit ihrem sogenannten »Lerncoach« nach dem Unterricht auf den Weg gen NRV. Dort angekommen warten auf sie die Segellehrer Nina Kähler, Calle Sibbert und Kai Bruhn – die sich allesamt zufällig noch von früher aus ihren gemeinsamen Zeiten bei der Segelschule Prüsse kennen. Die beiden J22 haben sie im Großen und Ganzen schon hergerichtet, damit es für die Schüler und Schülerinnen möglichst schnell aufs Wasser geht.
»Etwa 2 Stunden Wasserzeit, ist unser Ziel«, erklärt Nina Kähler, die das Bindeglied zwischen NRV und Campus Uhlenhorst ist. Den NRV kennt sie gut, da ihr Sohn Leif, der inzwischen 29er segelt hier sehr erfolgreich im Opti unterwegs war und Campus Uhlenhorst kennt sie sie ebenso aus eigener Erfahrung, da ihre Tochter Anna dort sehr erfolgreich auf den Einstieg ins Berufsleben vorbereitet wird.
Auf dem Boot erlernen die Jugendlichen alle Kompetenzen, die auch in einem ganz klassischen Segelkurs vermittelt werden. – Vom Kurshalten, über die Kurse zum Wind, dem Wenden und Halsen, über An- und Ablege Manöver bis zum Boje-über-Bord vermitteln die Bootsführer die A & Os der Segelbasics - angepasst – und das ist das entscheidende – an die kognitiven und körperlichen Voraussetzungen, die die Schüler und Schülerinnen mitbringen.
»Ganz unspektakulär, sage ich immer,« beschreibt Nina Kähler das Projekt. »Wir brauchen keine besonderen Boote, oder besonderen Vorrichtungen, wie es bei Menschen mit körperlichen Beeinträchtigungen oft der Fall ist. In vielen Fällen merkt man unseren Segelschülern ihre Lernschwierigkeiten noch nicht einmal an, aber an Bord ist dann doch einiges ein bisschen anders. Bei dem einen ist es die Konzentration, die schnell nachlässt, beim anderen überhaupt die Merkfähigkeit und bei manch anderem kommen auch körperliche Koordinationsschwierigkeiten hinzu. Dafür tanken die Kinder hier Selbstbewusstsein, wie kaum wo anders und erleben Teamwork in einer unmittelbaren Form, denn Segeln funktioniert ohne Teamwork halt einfach nicht.«
»Schon allein wenn man überlegt, dass die meisten von unseren Kindern nie den Führerschein machen werden, kann man sich vorstellen, was es bedeutet, wenn man für ein solch doch großes Gefährt das Steuer übernimmt. Diesen Stolz zu erleben ist fantastisch!« erläutert Nina Kähler weiter.
Angefangen hatte alles mit einem „Schnupperprojekt“, initiiert von Sven Jürgensen in Kooperation mit Tobias Fritze, dem Leiter des Campus Uhlenhorst. Weil alles von Anfang an sehr gut klappte, entstand schnell die Idee, das Projekt zu einem regelmäßigen Angebot auszuweiten.
Nach verschiedensten Verzögerungen unterschiedlichster Art, begann schließlich im vergangenen Juni ein erster regelmäßiger Segelkurs, der bis zu den Herbstferien reichte. 2023 startet der Kurs schon im April, nun mit insgesamt drei Segellehren, davon zwei Ehrenamtliche und ein von der NRV Stiftung finanzierter Lehrer. »Dadurch, dass wir nun zu dritt sind, können wir wirklich alle Termine einhalten und es ist nochmal eine größere Verbindlichkeit, durch die professionelle Einbindungen vorhanden.« freut sich Nina Kähler über die Unterstützung durch die Stiftung. NRV Stiftungsvorstand Jürgen Flemming ist ebenso begeistert: »Wir mussten nicht eine Sekunden nachdenken ob wir diese Idee fördern sollten und sind sehr glücklich, dass wir dieses phantastische Projekt unterstützen können und es so tatkräftig umgesetzt wird.«
Für die Zukunft wünscht sich Nina Kähler, als Bindeglied zwischen NRV und Schule, dass die Jugendlichen auch noch mehr Kontakte auch in den Verein hinein knüpfen können. »Dadurch, dass wir so früh am Tag vor Ort sind, nehmen uns nur wenige wahr und wir unterscheiden uns ja auch nicht merklich von externen Veranstaltungen, die hier regelmäßig stattfinden. Meist sind wir weg, bevor da Leben hier im NRV richtig los geht. Darein zu kommen, ist vielleicht ein nächster Schritt, so Kähler. »Denn gerade für Menschen mit Lernschwierigkeiten ist ein Netzwerk unglaublich wichtig und öffnet Türen, die sie sonst vielleicht gar nicht sehen.«
Text: Sina Wolf